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„Sponsored by Neuromod“ – Warum klinische Studien oft durch Medizintechnik-/Pharmaunternehmen finanziert werden und was das über die Qualität der Studien aussagt

Eine Frau macht einen Hörtest.

„Neuromod hat in klinische Studien mit über 500 Teilnehmern investiert, um die Sicherheit und Wirksamkeit von Lenire zu belegen.“, diesen oder einen ähnlichen Satz haben Sie vielleicht bereits auf einer unserer Seiten gelesen. Immer wieder stellt sich Privatpersonen die Frage nach der Seriosität industriegesponserter Forschung. Werden die Ergebnisse etwa zugunsten des jeweiligen Unternehmens verzerrt? Der nachfolgende Beitrag arbeitet das Thema kritisch auf.

Grundlagenforschung vs. Angewandte Forschung

Eine Frau informiert sich in einem Flyer über die Ergebnisse der klinischen Studien.

Bei der Grundlagenforschung ist der Fokus akademisch. Diese ist meist an Universitäten/Hochschulen angesiedelt. Häufig beinhaltet sie kein direktes kommerzielles Potential. Das Ziel ist es, vorhandenes Wissen zu erweitern und nicht etwa ein konkretes Produkt zu entwickeln.

Bis in die 1990er Jahre wurde diese Art der Forschung durch die Bundesländer finanziert. Heute wird der größere Teil öffentlicher Forschungsmittel von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an Universitäten mit konkreten Forschungsvorhaben umgeleitet. Die Hochschulen sollen dadurch „wettbewerbsfähiger“ gemacht werden.

Dagegen steht bei der angewandten Forschung im Vordergrund, vorhandenes oder neues Wissen auf konkrete Problemstellungen in der Gesellschaft anzuwenden. Hier arbeiten Hochschulen und Wirtschaft zusammen. Häufig stammen die finanziellen Mittel z.B. aus Pharma- oder Medizintechnikunternehmen, wie im Falle der Studien mit Lenire.

Auf diese Weise soll Innovation vorangetrieben werden. Die angewandte Forschung resultiert in der Entwicklung von bspw. neuer Medizintechnik oder Medikamenten.

Pharma- / Medizintechnikunternehmen müssen auf gesetzlicher Basis klinisch-wissenschaftliche Daten zur Sicherheit & Wirksamkeit liefern um eine Marktzulassung zu bekommen.

Frau bei einer Anpassung beim Hörakustiker

Was sagt das Sponsoring über die Qualität der Studien aus?

Ein Review aus 2012 untersuchte bei 75 Studien, wie sich Sponsoring aus der Industrie auf Studien auswirkt. Einerseits wurde festgestellt, dass sich bei gesponserten Studien häufiger positive Ergebnisse zugunsten des Produkts finden ließen. Andererseits gibt es keine Anhaltspunkte für systematische Verzerrungen, methodische Fehler oder qualitative Mängel in diesen Studien. Die Durchführung und Auswertung wurden in beiden Varianten gleichermaßen gehandhabt. Industriegesponserte Studien zeigen sogar ein geringeres Risiko für eine Verzerrung des Ergebnisses durch eine falsche Untersuchungsmethode.

Ergibt sich aus der Finanzierung ein Interessenskonflikt?

Blick aus dem Fenster eines Bürogebäudes.

Selbst an öffentlichen Hochschulen stammt ein signifikanter Anteil der Forschungsmittel (1,3 Milliarden Euro, 1/5 aller Drittmittel für Forschung) aus Unternehmenskassen. Entgegen der unternehmensfinanzierten Forschung ernten die Hochschulen an dieser Stelle sehr geringe Kritik.

Weiter sind öffentliche Mittel begrenzt. Erst die Ergänzung mit privaten Forschungsgeldern gewährleistet weitere Forschung und somit Innovation.

Mögliche Interessenskonflikte sollen in der Forschung jedoch immer offen angegeben werden. Auch gelten die gleichen Vorgaben und Abläufe für die anschließende Publikation in Fachzeitschriften für gesponserte und nicht-gesponserte Studien. Mit dem hier zum Tragen kommenden Peer-Review-Prozess wird sich ein weiterer Beitrag in den kommenden Wochen auseinandersetzen.

Referenzen

Kästner, S. (2020, Oktober 1). Forschungsfinanzierung – Wie die Wirtschaft die Wissenschaft beeinflusst. Deutschlandfunk Kultur. https://www.deutschlandfunkkultur.de/forschungsfinanzierung-wie-die-wirtschaft-die-wissenschaft-100.html

Lundh, A., Lexchin, J., Mintzes, B., Schroll, J. B., & Bero, L. (2017). Industry sponsorship and research outcome. Cochrane Database of Systematic Reviews2017(2). https://doi.org/10.1002/14651858.mr000033.pub3