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Lenire in der Praxis – Zwei Tinnitus-Betroffene, zwei Wege

Eine Tinnitus-Betroffene entspannt auf dem Sofa.

Hinweis: Der nachfolgende Artikel ist im Original auf der Seite der Tinnitus-Selbsthilfegruppe „Hast du Töne?!“ aus Bergisch Gladbach erschienen und lässt sich hier einsehen.

„Höher“ – „ Noch etwas“ – „So ist es ok.“ Hörakustikerin Heike Lohmann-Steireif gibt Daten in den Computer ein. Sie passt Heiko gerade ein Lenire-Gerät an. Dazu gehört auch die möglichst exakte Bestimmung des Tinnitus. Heiko gibt ihr gerade Rückmeldungen zur Tonhöhe und Lautstärke seines Tinnitus. Er kämpft seit mehreren Jahren mit seinem Ohrgeräusch und sucht nach einem Weg, die Belastung durch Tinnitus zu reduzieren. So wie viele Betroffene.

Lenire – dahinter verbirgt sich eine neuartige Methode zur Behandlung von Tinnitus. Das Unternehmen Neuromod Devices Ltd. hat das Gerät jüngst auf den Markt gebracht. Lenire arbeitet nach dem Prinzip der bimodalen Neuromodulation:

Bi bedeutet, dass der Nutzer zwei Reize durch das Gerät erhält: Bei Lenire bestehen sie aus einem akustischen sowie einem sensorischen Reiz. Der erste Impuls erfolgt per Kopfhörer, der zweite über einen sogenannten Tonguetip, der einen schwachen elektrischen Impuls auf die Zunge des Nutzers gibt.

Neuromodulation verweist auf das Ziel der Impulse – Nervenzellen im Gehirn sollen durch die Behandlung angeregt werden. Im Prinzip soll bei der Hörverarbeitung wieder eine Art „Chaos“ im Gehirn entstehen.

Die Theorie dahinter: Nervenzellen, die synchron arbeiten, verursachen im Hörzentrum von Betroffenen den Tinnitus. Lenire will diese Synchronizität aufbrechen. Und damit den Tinnitus eindämmen.

Die Patienten

Heiko ist gemeinsam mit Jutta ins Hörcentrum Lohmann in Pulheim gereist. Sie gehören der Tinnitus-Selbsthilfegruppe „Hast Du Töne?!“ aus Bergisch Gladbach an. Gemeinsam wollen sie das Lenire-System testen, um Betroffenen von ihren Erfahrungen zu berichten.

Beide haben unterschiedliche Erfahrungen mit Tinnitus. Jutta hat seit circa fünf Monaten Ohrgeräusche. Sie leidet stark unter dem Tinnitus, sucht verzweifelt nach einer effizienten Therapie. Jutta will die neue Situation in ihrem Leben nicht akzeptieren, will nichts unversucht lassen um die Geräusche loszuwerden.

Heiko hingegen ist trotz seiner jungen Jahre bereits ein alter Hase in punkto Tinnitus. Er hat einen 20 Jahre alten, chronischen Tinnitus, der kompensiert ist. Vor ein paar Jahren kam ein neuer Ton dazu, der ihm seither Schwierigkeiten bereitet. So berichtet er immer wieder von Schlafstörungen. Trotz seiner Erfahrung mit Tinnitus ist der Leidensdruck durch das neue Ohrgeräusch signifikant gestiegen.

Jutta und Heiko: Beide sind von Tinnitus betroffen. Beide haben bereits einige Behandlungsmöglichkeiten getestet und sind über das Phänomen Tinnitus gut informiert – durch eigene Recherchen, Informationen, durch ihre Teilnahme an der Tinnitus-Selbsthilfegruppe.

Und beide erhoffen sich eine Linderung des Ohrgeräusches.

Die Hörakustiker: Experten – auch für Tinnitus

Frau bei einer Anpassung beim Hörakustiker

Rüdiger Lohmann und seine Frau Heike Lohmann-Streireif kümmern sich um Jutta und Heiko. Sie sind nicht nur Experten beim Thema Hörgeräteversorgung. Sondern haben sich auch auf das Thema Tinnitus spezialisiert. So verfügen sie über jahrelange Erfahrung, kennen Behandlungsoptionen, wissen um die Sorgen und Nöte von Betroffenen. Speziell wenn diese eine Arztpraxis mit dem Satz verlassen: „Da kann man nichts machen!“ und verzweifelt ihren Akustiker um Rat bitten.

Keine Hilfe bei Tinnitus? Das sehen die beiden Hörakustiker anders. „Bei Tinnitus kann man sehr wohl etwas tun“, sagen die beiden einstimmig.

Ihre Kompetenzen haben die beiden auch in das Tinnitus-Centrum Lohmann einfließen lassen. Rüdiger Lohmann hat lange mit seinem Team daran gearbeitet. Betroffene erhalten hier eine 360° Beratung. Mit Tipps, welche Behandlungen bei Tinnitus für ihr individuelles Problem am besten geeignet sein könnte. Vom Counselling bis zur Nutzung von eHealth.

„Weil es möglich ist“, lautet ihr Slogan. Dahinter steckt der Anspruch, dass Betroffene mit klugem Tinnitus-Management wieder mehr Lebensqualität erlangen können. Lenire gehört zur Bandbreite an Therapieangeboten, welche das Hörcentrum Lohmann je nach Situation des Betroffenen empfiehlt. Und Lenire soll heute bei Jutta und Heiko angepasst werden.

Vorausgesetzt, sie sind für eine Behandlung geeignet.


Hintergrund: Wie funktioniert bimodale Neuromodulation?

Das Verfahren beruht auf dem Prinzip der Neuroplastizität, also der Fähigkeit des Gehirns sich an neue Situationen anzupassen. Bei Tinnitus treten neuroplastische Veränderungen im Gehirn auf. Diese können durch bimodale Neuromodulation rückgängig gemacht werden.
Besonders effektiv sind dabei Reize, die das Gehirn über verschiedene Wege erreichen. So wie bei Lenire über akustische und elektrische Impulse – zugeführt über das Ohr bzw. die Zunge. Studien haben gezeigt, dass die gleichzeitige Stimulation mit diesen Reizen zu einer besonders langandauernden Senkung der Tinnitusbelastung führen kann.


Indikation

Das haben die Spezialisten von Lohmann vor der Anpassung des Gerätes bei Jutta und Heiko geprüft. Sie erfüllen diese Kriterien:

  • Die Betroffenen sollten älter als 18 Jahre sein und einen chronischen Tinnitus (oder Hyperakusis) haben, der nicht länger als 20 Jahre vorliegt.
  • Geeignet ist das System bei subjektivem Tinnitus, also Geräuschen, die nur die Betroffenen hören können.

Zudem sollten gewisse Dinge ausgeschlossen sein (Kontraindikation):

  • Keine Nutzung von Herzschrittmachern, Cochlea-Implantaten oder anderen aktiv implementierbaren Geräten
  • Schwangerschaft
  • Keine Epilepsie oder andere Krankheiten die zu Bewusstseinsverlust führen
  • Keine Verletzungen im Mundraum
  • Erkrankung der Zunge
  • Vorliegen einer chronischen Neuralgie im Kopf- oder Nackenbereiech

Jutta und Heiko bestehen diesen Test ohne Probleme. Das Ergebnis ist erfreulich: Sie können Lenire nutzen.

Nach dem Pre-Check durchlaufen die beiden vor Ort im Studio von Hörcentrum Lohmann vier Phasen der Beratung bzw. Anpassung von Lenire. Das kann auf mehrere Termine verteilt werden. Oder wie bei den beiden Betroffenen aus der Tinnitus-Selbsthilfegruppe kompakt an einem Tag durchgeführt werden.

Die vier Phasen Anamnese, Audiometrie, Kurzfragebogen, Kalibrierung und Test des Therapiegerätes werden wir hier beschreiben.

Tinnitus-Betroffener bei einer Untersuchung

1. Anamnese und Audiometrie

Zunächst findet eine umfassende Anamnese statt. Heike Lohmann-Steireif geht den Ursachen des Tinnitus auf den Grund, fragt im Detail bei den Patienten nach. Jutta und Heiko berichten über ihre medizinische Vorgeschichte: Welche Ärzte wurden in die Abklärung des Tinnitus eingezogen, wie wurde behandelt, wo ist der Tinnitus lokalisiert, wie lässt er sich beschreiben. Typische Fragen, die jeder Betroffene kennt.

Aber auch die beiden Betroffenen haben Fragen: „Gibt es eigentlich Nebenwirkungen bei Lenire?“ Jutta und Heiko wissen, dass ein Tinnitus unterschiedlich auf Therapie-Angebote reagieren kann. Sie wollen informiert sein. „Es kann zu einer Erstverschlimmerung kommen, das hat einfach mit dem Wirkprinzip zu tun. Ansonsten sind Kopfschmerzen oder ein vorübergehendes Taubheitsgefühl im Mund möglich, aber selten“, so Lohmann-Steireif. Das sollten die Patienten sofort melden. Dann könne man entsprechend reagieren, macht die Hörakustikerin klar. Ihr ist an einer engmaschigen Betreuung der Betroffenen gelegen.

Im Anschluss an die Anamnese führt sie einen Hörtest sowie eine ungefähre Bestimmung der Tonhöhe und Lautstärke des Tinnitus durch. „Das ist wichtig, um das Lenire-Gerät exakt auf den individuellen Patienten zu kalibrieren“, erklärt Heike Lohmann-Streireif. Der Audio-Stimulus sollte hörbar sein, aber den Tinnitus nicht überdecken. „Lenire ist kein Masker, der den Tinnitus übertönt.“

Spätestens jetzt wird deutlich, warum die Anpassung der Geräte beim Akustiker bestens aufgehoben ist. Im Alltag einer normalen, gewöhnlichen Arztpraxis mit hohem und raschen Patientenkontakt wäre für die mit Empathie und Fingerspitzengefühl praktizierte Aufnahme und Versorgung der Tinnitus-Betroffenen weniger Zeit. Und auch die Einstellung der Geräte verlangt Kompetenzen, wie sie Akustiker vorweisen.

Im Hörcentrum Lohmann, das wird schnell klar, sind Tinnitus-Betroffene sehr gut aufgehoben.

2. und 3. Kurzfragebogen und Kalibrierung

Heiko reagiert zurückhaltend, als er das Messergebnis „seines“ Tinnitus auf dem Computerbildschirm sieht. „Die Bestimmung ist schon Stress. Und eigentlich will ich die Daten gar nicht wissen“, meint er. Die exakte Tonhöhe, gemessen in Kiloherz, die Lautstärke-Angabe in dB – der exakte „Fingerabdruck“ seines Tinnitus ist ihm suspekt. Ihn interessiert nur, wie er das Geräusch beeinflussen kann.

Eine Frau informiert sich über Tinnitus.

Heike Lohmann-Steireif überträgt in der freundlich und stilvoll eingerichteten Kundenkabine die ermittelten Daten der Klienten auf die Lenire-Geräte. Unterdessen füllen Jutta und Heiko einen Fragebogen aus: Den sogenannten Tinnitus Handicap Inventory. Dieser erfasst kurz und prägnant die psychische Situation des Tinnitus-Betroffenen.

„Die Patienten tragen ihre Daten zu Beginn, nach sechs sowie zwölf Wochen Behandlung in den Bogen ein. So messen wir, ob und wie sich das Empfinden der Nutzer während der Behandlung wandelt“, macht Rüdiger Lohmann klar.

Ein junger Mann nutzt das Lenire-Gerät, um seinen Tinnitus mit der Wissenschaft der kombinierten Stimulation zu behandeln.

4. Der erste Geräte-Test

Danach wird es spannend: Jutta und Heiko setzen „ihr“ individuelles Lenire-Gerät auf. Es besteht aus dem Controller, einem Bluetooth-Kopfhörer sowie dem Tonguetip für die elektrischen Impulse, die an die Zunge gegeben werden. Die Lautstärke sowie die Intensität des sensorischen Impulses werden eingestellt. Beides können die Nutzer am Controller nachjustieren. Die Kalibrierung legt lediglich einen ungefähren Korridor fest, der auf die individuelle Situation des Patienten angepasst ist.

Über den Kopfhörer lauschen die beiden den akustischen Impulsen, die sie künftig täglich eine Stunde hören sollten. Die Augen werden groß, Überraschung zeichnet sich auf den Gesichtern ab. So hatten sie sich die akustischen Reize, die wie die elektrischen Impulse auch auf die Nutzer angepasst sind – wohl nicht vorgestellt:

Es klingt ein wenig nach Meeresrauschen, gepaart mit harmonischen Klangfolgen variabler Sounds. „Das ändert sich während der Nutzung ein wenig“, beschreibt Heike-Lohmann-Steireif.

Begeisterung versus Zurückhaltung

Heiko ist nach einem kurzen Probelauf begeistert, die anfängliche Überraschung dreht sich schnell in tiefes Vertrauen und Wohlbefinden: „Das ist sehr entspannend“, so sein Fazit. Er freue sich schon auf den Einsatz am Abend, die Klänge seien super.

Eine Frau hört akustische Impulse über Kopfhörer.

Anders Jutta. Sie hadert mit der Einstellung, findet die akustischen Reize gewöhnungsbedürftig. Rasch geht es um Einstellung der Lautstärke, es wird einiges ausprobiert. Keine Liebe auf den ersten Blick, die sie mit dem Lenire-Gerät verbindet.

Damit sind sie nun für die Behandlung gerüstet. Die Lenire-Geräte werden eingepackt und gut verstaut. Jutta und Heiko sind versorgt, haben ihr individuelles System erhalten. Sie sollten es in den kommenden Wochen täglich eine Stunde nutzen.

Wenn bei den Patienten alles rund läuft.

„Ich genieße die Auszeit“

Nach rund einer Woche zeigt sich Heiko immer noch begeistert von seinem Lenire-System. Er nutzt es abends, auf dem Sofa. „Ich genieße die Auszeit“, sagt er. Das Handling und Wiederaufladen der batteriebetriebenen Geräte laufe unproblematisch. Er freue sich auf die akustische Auszeit – die Kopfhörer würden keine Außengeräusche durchlassen. Und auch der elektrische Impuls an der Zunge sei „angenehm.“

„Ich war deutlich entspannter nach der Nutzung, hatte an ein paar Tagen das Gefühl das der Tinnitus ein bisschen weniger nervt“, so sein Fazit nach der ersten Woche. Er betont vor allem den Entspannungseffekt und ist motiviert, die Behandlung fortzuführen.

Jutta benötigt unterdessen höheren Beratungsbedarf. Sie wendet sich an das Hörcentrum Lohmann und erhält Hilfe. Die Intensität der Impulse muss nachjustiert werden.

Das ist jedoch kein Problem. Zum Behandlungskonzept gehört eine engmaschige Betreuung durch das jeweilige Hörcentrum, das mit Neuromod zusammenarbeitet.

Erfolge auf verschiedenen Ebenen

„Nach sechs Wochen Therapie ist eine kurze Kontrolle sowie eine Anpassung des Audio-Impulses geplant, sowie ein abschließendes Meeting zum Ende der Behandlung“, gibt Heike Lohmann-Streireif einen Einblick in die Betreuung. Bei Fragen stünden sie und ihr Team jederzeit zur Verfügung. So ließen sich offene Fragen der Behandlung gut erklären, zudem könne man auch eine Entwicklung der Tinnitus-Betroffenen gut wahrnehmen.

Ein Beispiel: „Wenn ein Betroffener von Behandlungsbeginn von sozialem Rückzug und Gereiztheit berichtet, am Ende aber von einem schönen Essen im Kreise von Freunden erzählt, dann lesen wir auch daraus einen Behandlungserfolg“, so die Hörakustikerin. Der könne sich durchaus in der Rückeroberung von mehr Lebensqualität niederschlagen. Es muss nicht immer eine Minderung des Leidensdrucks oder eine Absenkung der Lautstärke des Tinnitus sein.

Sie betont, dass Betroffene für die Therapie ein wenig Zeit mitbringen sollten. „Unvorhergesehenes passiert immer wieder, aber grundsätzlich ist es ratsam sich beim Start mit Lenire klar zu machen, dass man der Therapie im Tagesablauf etwas Zeit schenken sollte.“

Konstanz nicht einfach

Diese Erfahrung musste Jutta machen – die Therapie beansprucht Zeit im Tagesablauf, im beruflichen Alltag.

Zunächst reagiert ihr Tinnitus intensiv auf das Gerät: „Ich hatte zeitweise das Gefühl das Lenire mein Ohrgeräusch richtiggehend triggert“, berichtet sie. Der akustische Impuls wird nachjustiert, danach geht es besser. Gleichwohl muss sie sich intensiv an Lenire heranarbeiten, was ihr nicht leicht fällt. Daraus macht sie aber auch keinen Hehl.

„Eine Stunde am Stück war für mich schwer zu realisieren“, erzählt sie. Sie versucht es mit halbstündigen Sitzungen, morgens und abends. Setzt aber zwischendurch immer wieder ganze Tage aus, wenn der Leidensdruck zu groß wird.

„Grundsätzlich sollte man versuchen eine Stunde täglich mit Lenire zu arbeiten“, räumt Heike Lohmann-Streireif ein. In Juttas Fall musste man aber einfach individuelle Wege gehen, um der Patientin einen Zugang zu Lenire zu ermöglichen.

Eine Frau nutzt die Tinnitus Behandlung mit Lenire.

Erfolg? „Jein“

Dann folgt ein signifikanter Einschnitt – Jutta muss sich einer Operation mit anschließender Reha unterziehen. Sie pausiert länger mit Lenire. Der Tinnitus verschlechtert sich infolge der Operation und der damit einhergehenden Schmerzen. Eine Fortsetzung von Lenire kommt für Jutta da nicht infrage. Sie muss sich neu orientieren, ihren Weg in der neuen Lage finden.

Wie geht es nun weiter? Hat Lenire trotz allem geholfen? „Jein“, sagt Jutta. Einen direkten Zusammenhang zwischen der Nutzung des Geräts und einer Abnahme von Leidensdruck oder Lautstärke habe sie nicht bewusst feststellen können. Erstaunlich dennoch ihr Resümee: „Ich weiß dass ich mit dem Gerät eine Option habe, um meinen Tinnitus angehen zu können.“ Das gibt ihr Sicherheit, schafft Vertrauen.

Und sie will es nochmal wissen. Nachdem sie wieder gesund geworden ist steigt sie nochmals von vorne in die Therapie mit Lenire ein. Und hofft dass sie auf ihre Erfahrungen aufbauen kann. „Die Möglichkeit zu Linderung besteht. Deshalb sollte sich niemand davon abhalten lassen alternative Wege zu gehen und neue Therapien zu probieren. Dazu gehört auch Lenire“, so Juttas Fazit.

Auszeit ausgeschlossen

Ein anderes Anwenderszenario erlebt Heiko. Er bleibt kontinuierlich bei einer Stunde Nutzung pro Tag, „auch im Urlaub“, sagt er. Seine Erfahrung zeigt, dass er abends am besten damit zurecht kommt. „Im Anschluss war ich meist erholt – die Auszeit von einer Stunde Lenire pro Tag hat mir gut getan“, bilanziert er.

Auch mit den Stimuli kommt er klar. „Die Geräusche haben gut getan, auch nach der geplanten Variation nach sechs Wochen. Selbst die elektrischen Impulse auf der Zunge waren angenehm.“

Ein TInnitus-Betroffener bei der morgendlichen Anwendung von Lenire

Heiko war von Beginn an offen und angenehm überrascht, hat die Therapie durchgezogen. Vielleicht hat ihm seine Erfahrung geholfen. Chronisch Betroffene verfügen meist über mehr Therapieerfahrung, gehen in der Regel mit einer geringeren Erwartungshaltung an neue Behandlungsformen heran.

Der Fragebogen nach Abschluss der Behandlung zeigt eine leichte Besserung des Befindens. „Die Lautstärke ist gleich geblieben“, sagt er. „Aber mein Leidensdruck hat abgenommen.“

Für ihn ist die Behandlung nun abgeschlossen. Er blickt zufrieden auf die Erfahrung zurück, will demnächst in seiner Selbsthilfegruppe von der Therapie berichten.

Neue Therapieverfahren findet er gut, blickt jedoch skeptisch auf das Vertriebsmodell von Lenire. „Durch den Kaufpreis wird eine entsprechende Erwartung der Kunden genährt, da ist die Fallhöhe natürlich umso größer, wenn die Therapie nicht anschlägt“, meint er.

Wir haben nachgefragt: Nach Angaben von Lenire ist der Kaufpreis in dieser Höhe darauf zurückzuführen, dass es sich um eine neue Behandlungsmethode handelt, deren Kosten noch nicht von den Krankenkassen erstattet werden.

Ob ein eigener, spezieller Kopfhörer für Lenire, der zum Lieferumfang gehört, vonnöten sei – da setzt Heiko ein Fragezeichen. Es schränkt in seinen Augen die Flexibilität ein wenig ein.

Auch hierzu haben wir Lenire um eine Stellungnahme gebeten: Lenire sei so konzipiert, dass es nur mit den mitgelieferten Kopfhörern funktioniere, heißt es. „Der Grund dafür ist, dass das Timing der elektrischen Stimulation der Zunge und der über den Kopfhörer abgespielten Töne extrem wichtig ist und sehr präzise sein muss. Bei anderen Kopfhörermodellen gibt es Probleme mit einer Latenz, wodurch sich die Töne, die zum richtigen Zeitpunkt abgespielt werden, um die elektrische Stimulation zu begleiten, verzögern.“

Zwei Lehren aus dem Test

Zwei Anwender, zwei völlig verschiedene Therapie-Erfahrungen: Zwei Mitglieder der Tinnitus-Selbsthilfegruppe „Hast Du Töne?!“ aus Bergisch Gladbach haben eine spannende Erfahrung mit neuartigen Wegen in der Tinnitus-Therapie machen dürfen und Lenire für sich ausprobiert.

Sie erlebten die Therapie völlig unterschiedlich. Von Skepsis gegenüber Lenire bis zur „Oase der Ruhe und des Rückzugs“ reichte die Erfahrung.

Eine Tinnitus-Betroffene hält den Lenire Controller bei einem Beratungsgespräch.

Das Ergebnis zeigt zweierlei:

Mit Lenire steht ein neuer Weg in der Tinnitus-Behandlung zur Verfügung, um Betroffenen mehr Lebensqualität zurückzugeben. Es muss nicht immer nur eine Senkung des Leidensdrucks oder der Lautstärke sein. Manchmal reicht auch eine Anwendung wie Lenire, um Betroffenen einfach eine „Auszeit“ vom täglichen Ohrgeräusch zu schenken. Alleine dieses Bewusstsein ist – Betroffene werden es wissen – von unschätzbarem Wert im Alltag der Tinnitus-Betroffenen.

Der Test von Jutta und Heiko zeigte aber auch: So unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich sind auch Tinnitus, dessen Ursache und die Wirkmechanismen von Therapien.

Insofern sind Ansätze wie zum Beispiel das internationale UNITI-Projekt, das auf Basis künstlicher Intelligenz und Datenbanken maßgeschneiderte Therapieansätze für Tinnitus-Patienten entwickeln will, ein wichtiger und zentraler Weg im Management von Tinnitus.

Und Lenire ist mit seinem Ansatz der bimodalen Neuromodulation einer der Bausteine, die je nach Patientensituation angewandt werden sollten. Die gute Nachricht für Betroffene: Es passiert etwas, die Forschung und die Gesundheitsindustrie bewegen sich in die richtige Richtung!


Redaktionshinweis:

Das Hörcentrum Lohmann wechselte mittlerweile den Eigentümer. Neuromod empfiehlt Interessenten den erfahrenen Hörakustikmeister Michael Henning bei Akustik Spezial in Frankfurt, um die Tinnitus-Behandlung mit Lenire zu starten.