Übungen zum Stressabbau bei Tinnitus

Stress kann nicht nur Auslöser von Tinnitus-Symptomen sein, er verstärkt diese oft noch. Auch der Tinnitus selbst kann zu erhöhter Anspannung bei Betroffenen führen. Diplom Psychologin und Focusing Therapeutin Regina Gimpel leitet u.a. Ressourcentrainings. Auf unserem Blog teilt sie einfache Übungen zum Lösen von Anspannungen und gibt Inspiration für den Umgang mit Belastungen im Alltag. Die Beiträge auf dem Lenire-Blog geben stets die persönliche Perspektive des Autors/der Autorin wieder.

Was kann helfen, Stress abzubauen?

Ein Tinnitus kann ggf. sehr präsent sein. Für Betroffene von chronischen Ohrgeräuschen ist es eine Herausforderung, sich im Alltag nicht davon vereinnahmen zu lassen. Ich möchte Sie dabei unterstützen und einige Vorschläge machen, wie Sie etwas Druck rausnehmen können.

Um auch in stressigen Situationen einen kühlen Kopf zu behalten, lohnt es sich, zu lernen, auf sich selbst zu hören und Positives festzuhalten. Stellen Sie sich die Frage: „Was tut mir gut?“ Probieren Sie hierfür gerne verschiedene Impulsgeber aus. Diese können bspw. Bewegung, Berührungen oder Hobbys sein. Wenn Sie merken, eine Aktion führt zu Entschleunigung und hat einen angenehmen Effekt im Hinblick auf die Ohrgeräusche, „ankern“ sie diese. Werden Sie hellhörig für die eigenen inneren Zustände und Bedürfnisse. In fordernden Situationen können Sie sich ihr Wissen zu Nutze machen. Haben Sie z.B. die Erfahrung gemacht, dass eine Tasse Tee oder das Streichen über den Handrücken Beruhigung auslösen, lassen sich diese Dinge auch in den Berufsalltag integrieren.

Mit welcher Übung kann ich mich trotz Tinnitus besser konzentrieren?

Sind Ihre chronischen Ohrgeräusche nach dem Aufstehen besonders präsent? Lenken Sie die Aufmerksamkeit auf äußere Sinnesreize. Nehmen Sie die akustischen Signale der Umgebung bewusst wahr, z.B. „Ah, ein Vogel! Und die Tastatur! Und das Knistern des Holzes im Ofen! …“ Im Prozess des morgendlichen „wieder-in-die-Welt-Tretens“ verstärken Sie so den akustischen Reiz. Der Tinnitus rückt etwas in den Hintergrund und die innere Geräuschkulisse wird gedimmt.

Eine Übung, die Sie sowohl mitten am Tag als auch als Achtsamkeitsübung durchführen können, ist die Massage Ihrer Ohren.

• Gönnen Sie sich eine Auszeit und massieren Sie langsam den gesamten Außenohrbereich.
• Ggf. können Sie ein Massageöl verwenden, wenn es sich für Sie angenehm anfühlt.
• Variieren Sie den Druck und die Art der Bewegung.
• Weiten Sie die Massage gerne auf den Nacken aus. In den dortigen Muskeln sitzen oft Verspannungen.

Die Berührungen fördern die Durchblutung und steigern die Konzentrationsfähigkeit. Sie können sich den Effekt vorstellen wie beim Putzen einer Fensterscheibe. Zu Beginn ist diese noch verschmutzt. Durch die Reinigung erhält man eine klare Sicht. Nach der Ohrenmassage kann das Gefühl entstehen, wieder heller und freier hören zu können.

Fokussiert bleiben auch mit chronischen Ohrgeräuschen

Wenn das Summen, Brummen oder Pfeifen im Ohr überhandnimmt, zu viele Gedanken im Kopf sind oder sehr viele Informationen verarbeitet werden müssen, kann es entspannen, sich bewusst Zeit für eine einzelne Sache zu nehmen. Suchen Sie sich eine Tätigkeit, die Sie anschließend sehr langsam ausführen.

Nehmen Sie sich bspw. eine Tasse und spülen diese ab. Werfen Sie wirklich auf jede Rundung, den Griff und jede Kerbe einen Blick. Wischen Sie bewusst ganz langsam mit dem Spüllappen darüber. Auch zum Abtrocknen nehmen Sie sich überdurchschnittlich viel Zeit. Danach stellen Sie die Tasse wohlüberlegt und achtsam ins Regal. Betrachten Sie sie noch einmal aus der Entfernung. Was fällt Ihnen auf? Entdecken Sie einen Kratzer? Haben Sie sich schon einmal bewusst die Farbe der Tasse angesehen?

Die Übung schärft die Aufmerksamkeit. Sie lernen, Kleinigkeiten zu bemerken und fokussiert zu bleiben. Natürlich lässt sich das Schema auch auf andere Vorgänge übertragen, z.B. das Schälen einer Karotte, das Anziehen der Schuhe oder das Decken des Tischs. Verbinden Sie die Achtsamkeitsübung mit einer Tätigkeit, die Sie gerne ausführen. Dann müssen Sie sich nicht dazu zwingen und gewährleisten eine positive Grundstimmung.